(hoga-presse) Sternekoch Michael Hoffmann: Brüssel gängelt den Geschmack. „Lieber würde ich mich in Handschellen abführen lassen, als industriellen Einheitsbrei aufzutischen“, empört sich Berlins avantgardistischer Küchenchef Michael Hoffmann. „Als Koch, der an ehrlichem, intensivem Geschmack und einer vernünftigen Produktion von Lebensmitteln interessiert ist, muss man sich fragen, wie weit die Lobbyisten unser Essen noch reglementieren wollen. Was sollen wir unseren Gästen denn noch alles vorsetzen?“ Michael Hoffmann, der als ausgewiesener Experte für alte, geschmacksintensive Obst- und Gemüsesorten sowie Kräuter gilt und diese seit Jahren auf einem großen Bauernhof in Brandenburg anbaut, ist eigensinnig: „Nun warten wir erst mal die Liste ab, bis dahin mache ich unbedingt weiter mit meiner komplexen Gemüseküche.“
Hohe Gebühren, amtliche Prüfungen und mögliche Zulassungsverfahren – so zerstören die Pläne der EU-Kommission Geschmack und Sortenvielfalt bei Obst, Gemüse und Getreide. Auch Michael Kunzmann, Chef von Havelland Express zeigt sich entsetzt. Der regionale Versorger der Hotellerie und Spitzengastronomie war in den letzten Jahren massiv verantwortlich für die Wiederentdeckung regionaler Produkte, darunter das Havelländer Apfelschwein, das Uckermärker Rind sowie seltener Kräuter und Gemüse: „Es ist für mich totaler Unfug, wenn uns die EU vorschreibt, was wir in unserem Garten machen. Es behindert vor allem lokale engagierte Kleinanbauer, es nimmt keine Rücksicht auf regionale Voraussetzungen für den Anbau, hier hat offensichtlich die Lobby der Ernährungsindustrie Einfluss genommen.“
Der Entwurf „Neuregulierung zur Reform der Saatgutverordnung“ wird hauptsächlich von Fachleuten diskutiert, bei der breiten Öffentlichkeit ist das Thema noch nicht angekommen. Roy Augustin, Vorsitzender des Köchenetzwerkes „Brandenburg unter Dampf“ warnt: „Die EU setzt auf Einheitsgemüse und vernichtet so Gaumengenuss und Geschmackserlebnisse. EU-Kommissar Tonio Borg wird eine Verordnung zur Regulierung von Pflanzensorten präsentieren, wenn das so durchgeht, tischt uns die EU statt bunter Vielfalt genormte Einfalt auf. Das ist das Ende für viele seltene und alte Sorten.“
Die geplanten rechtlichen Regelungen würden viele Obst-, Gemüse- und Getreidesorten vom Markt verdrängen, da künftig nur noch angebaut werden dürfte, was amtlich zugelassen ist. Tatsächlich vermuten Kritiker, dass die neuen Regeln das Patentrecht auf Sorten stärken und die bürokratischen Zulassungshürden für Saatgut zementieren soll. Beides würde die Monopolstellung großer Saatgut-Kartelle weiter festigen. Die drei größten Saatgutkonzerne beherrschten schon jetzt mehr als die Hälfte des Weltmarktes.
Die Organisationen Arche Noah und Global 2000 haben eine Petition zum Schutz der Vielfalt, der Konsumenten und der bäuerlichen Saatgut-Kultur gestartet: hier geht es zur Unterschriftenliste http://helfen.global2000.at/de/node/19
Manuela Hutzler
Senior Consultant
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