(hoga-presse) Georg Milbradt sprach beim KMG Club in Bad Wilsnack über Finanzkrise. Das HOTEL ambiente Am Kurpark Bad Wilsnack präsentierte beim KMG Club am vergangenen Dienstagabend keinen Geringeren als Georg Milbradt. Der Ministerpräsident a. D. äußerte sich in der Talkrunde äußerst kritisch zur aktuellen Finanzpolitik Europas.
Prof. Dr. Georg Milbradt hat sich in seiner aktiven Zeit in der Politik sowohl als sächsischer Finanzminister als auch als späterer Ministerpräsident des Freistaates Sachsen unerbittlich und erfolgreich dem Kampf gegen das Schuldenmachen verschrieben. Der am 23. Februar 1945 in Eslohe im Sauerland geborene und in Dortmund aufgewachsene Politiker und Wirtschaftsprofessor gibt diesen Kampf jedoch auch nach seiner aktiven politischen Zeit nicht auf. Prof. Milbradt meldet sich regelmäßig zu aktuellen politischen Fragen zu Wort, insbesondere bei den Themen Schulden- und Eurokrise sorgt seine Expertise stets für Aufmerksamkeit.
Auch beim KMG Club im HOTEL ambiente Bad Wilsnack sprach der anerkannte Finanzexperte offen über die Eurokrise: „Mein Vater sagte immer: Verleihe niemals Geld in der Familie oder gib Bürgschaften. Wenn Du helfen willst, schenke. Wenn wir Europa als Familie sehen, ist doch einsichtig, dass es nicht auf einem Schuldner-Gläubiger-Verhältnis zwischen den Mitgliedsstaaten aufbauen kann. Der Euro in der jetzigen Form schafft damit nicht Frieden, sondern Unfrieden, Streit und Nationalismus“, so Milbradt, der den Austritt Griechenlands und gegebenenfalls auch Zyperns aus dem Euro als beste Lösung für die Länder selbst sieht.
„Griechenlands eigentliches Problem ist, dass es während der Euro-Zeit viel zu teuer geworden ist. Möglich wurde das über billige Kredite an den Staat und die Privaten, finanziert mit ausländischem Kapital. Zur Gesundung müssen also Löhne und Preise um rund 30 Prozent sinken. Bisher haben aber die Sparmaßnahmen dort nicht zu nennenswerten Preissenkungen geführt, um die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen“, so Milbradt. Er erläutert weiterhin: „Die Sparpolitik führt über die sinkende Nachfrage wegen mangelnder wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Anpassungsfähigkeit zu massiver Arbeitslosigkeit, über 50 Prozent bei der Jugend, und einer Verarmung der unteren Einkommensschichten. Das kann kein Land auf Dauer durchhalten. Die bisherigen Hilfen sind größtenteils zur Finanzierung der Kapitalflucht und die Übernahme der Verluste der bisherigen Gläubiger genutzt worden, die sich aus dem Staube machen.“
Als Lösung kommt für den Wirtschaftsprofessor folglich nur der Euro-Austritt in Frage: „Statt den höchst schmerzhaften und wenig erfolgreichen Weg massiver internen Preissenkungen zu gehen, ist ein Euro-Austritt mit anschließender Abwertung viel leichter und erfolgreicher. Der Wechselkurs ist wie ein Puffer, der die Wettbewerbsprobleme einer unterschiedlichen Inflationsentwicklung löst. Der Schuldner gewinnt, da er die Schulden in der schwächeren Währung zurückzahlt und das Land, weil es wieder exportfähig wird. Natürlich hat das auch Nebenwirkungen, aber eine Abwertung geht über Nacht“, erläutert Milbradt. Als positives Beispiel dafür nannte er Island. Dort sorgte die Abwertung und ein Banken- und Staatskonkurs für eine schnelle Erholung des Landes. Wenn man Griechenland wirksam helfen wolle, so Milbradt, dann nach der Abwertung mit Aufbauprogrammen und sozialer Abfederung. Ohne interne Preiskorrekturen oder externe Abwertung verschlimmere man die Krankheit nur, denn es entstehe wieder nur eine künstliche, nicht nachhaltige Expansion des Konsums.
Wichtig ist dem Finanzexperten zudem, die Banken in die Verantwortung zu nehmen: „Im Moment herrscht eine unheilige Allianz zwischen Staaten und Banken: Die Banken retten die Staaten und die Staaten retten die Banken. Aber die Banken müssten für das gerade stehen, was sie machen.“ Dazu müsse man die Banken zu deutlich höherem Eigenkapital zwingen, so dass die Eigentümer haften und nicht der Steuerzahler. Man müsse zurück zum vereinbarten Prinzip, dass kein Staat für den anderen haftet und dass es notfalls zu Bank- und Staatsinsolvenzen kommt. Als Beispiel hierfür nennt Milbradt die USA und die Schweiz, die bewusst die gemeinsame Haftung ausgeschlossen haben und Gliedstaaten sowie Gemeinden Konkurs gehen lassen: „Das hat einen Erziehungseffekt, der bei uns nicht gegeben ist, solange Europa notfalls zahlt. Wenn die Banken und Staaten wissen, dass Europa sie letztlich heraushaut, handeln sie leichtsinnig und verantwortungslos. Weitreichende Autonomie und unbegrenzte Solidarität schließen sich aus. Ich bevorzuge Selbstverantwortung und Haftung auch zwischen den Euro-Staaten und bei Banken, so wie wir es auch im normalen Leben zwischen den Bürgern kennen.“ Wenn man wolle, könne man zusätzlich noch mehr Finanzausgleich zwischen reichen und armen Ländern organisieren. Das sei viel vernünftiger als die Übernahme der Schulden oder deren Finanzierung über die EZB-Notenpresse. „Im Augenblick finanzieren beispielsweise die deutlich ärmeren osteuropäischen Euro-Länder, wie die Slowakei und Estland, die reichere Südperipherie. Das ist das Gegenteil von Solidarität!“, so Milbradt.
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