Überraschungen hinter altehrwürdigen Mauern
(hoga-presse) Der Freistaat Bayern hat jede Menge ungewöhnliche Hotels an besonderen Orten. In den Bergen, am Wasser, an historischen Plätzen. Und manche eines befindet sich hinter dicken, alten Mauern in Schlössern, Burgen und Klöstern. Die Übernachtungen dort sind ein echtes Erlebnis – und es gibt Spannendes zu entdecken.
Gemütliche Zimmer in einem mittelalterlichen Wasserschloss, ein Schlossherr und Hotelchef, der eigentlich Ingenieur und noch dazu Brauer ist, ein neues Haus mit echtem Rokoko-Festsaal und ein modernes Tagungshotel hinter dicken, mehr als tausend Jahre alten Klostermauern: In Bayern gibt es nicht nur jede Menge Klöster, Schlösser und Burgen – in vielen herrscht reges Leben und sie sind wichtiger Bestandteil des Tourismus. Charakter und Charme, Geschichte und Geschichten, das alles bringen die Gemäuer mit.
Viele Hundert Jahre haben die alten Gemäuer oft auf dem Buckel. Doch das bedeutet weder, dass es drinnen kalt, zügig und karg ist – noch, dass auf das überkandidelte Leben wie einst bei Hof Wert gelegt wird. Im Gegenteil: In Allgäu/Bayerisch-Schwaben, Ostbayern, Franken und Oberbayern findet sich vieles hinter den alten Wänden, mit dem die Besucher eher nicht gerechnet hätten.
Schloss Leitheim
Das Schloss Leitheim unweit von Donauwörth etwa ist ein hervorragendes Beispiel für ein ungewöhnliches Haus mit unvergleichlichem Komfort. Denn: Das Hotel direkt neben dem Schloss wurde erst im Jahr 2015 errichtet und bringt somit jeden modernen Komfort mit sich. Architektonisch ist der Neubau dem alten angepasst – und hat doch seinen ganz eigenen Stil. Colette Zinsmeister ist die Hoteldirektorin und erinnert sich noch ganz genau an den Tag, als sie das bezaubernde Rokkoko-Schloss zum ersten Mal sah. Ein lauer Sommerabend war es, die Sterne funkelten vom Himmel über die Weinberge direkt vor der Haustür. „Ich spürte gleich, dass dieser Ort eine ganz besondere Kraft ausstrahlt“, erzählt die gebürtige Südafrikanerin. Heute ist die gelernte Hotelfachfrau die Gastgeberin des Vier-Sterne-Superior-Hotels, in dessen Bau sie von Anfang an involviert war.
Schon vor rund 900 Jahren, 1134, gründeten die Zisterzienser in Kaisheim ein Kloster samt Dependence in Leitheim. Dort kümmerten sich die Mönche um den Weinbau und kamen an den Ort, um sich auszuruhen und neue Kraft zu schöpfen. Das Weingärtnerhaus, in dem heute das Restaurant untergebracht ist, das Paul Zinsmeister leitet, wurde 1542 gebaut.
Das Schloss errichtete man um das Jahr 1690, der Abt zog sich hierher zurück. Typisch für die Zeit entstand ein Rokoko-Saal, in dem die Stuckateure zeigten, was sie können. Auch zahlreiche Fresken finden sich hier. „Wir nutzen diesen Saal heute für Konzerte und Feiern“, sagt Colette Zinsmeister. Die Familie von Tucher verkaufte das Ensemble 2008 an die Messerschmitt-Stiftung, die dort ein Hotel bauen wollte – und Zinsmeister sollte die Chefin werden. Sie kennt die Region gut, denn sie leitet schon früher ein Hotel dort.
Man war sich einig, dass das neue Haus sich dem alten anpassen sollte – so finden sich immer wieder Anleihen, wie etwa die Solnhofener Marmorböden mit Rosenschliffmuster in der Lobby, die sich genau so auch in der Kirche und dem Schloss wiederfinden. „Schlossig“ aber wollte es die Chefin sonst nicht haben, keine schweren und üppigen Elemente – sondern lieber ein Haus, in dem alles auf das Wohlfühlen eingerichtet ist. Digital Detox bieten sie hier an, dabei kann man seine Mobilgeräte beim Einchecken direkt an der Rezeption lassen – und bekommt als Belohnung eine Flasche des hauseigenen Weins.
Denn diese Tradition pflegen sie von Anfang an: Reben wurden im Eröffnungsjahr gesetzt, 2020 konnten die ersten 1.400 Flachen Weißburgunder abgefüllt werden. Bodenständig, kreativ und natürlich regional ist die Küche von Paul Zinsmeister, jeden Monat gibt es eine neue Speisekarte – eine optimale Ergänzung für das neue Haus im alten Ensemble.
Schloss Burgellern
Ganz anders ist die Geschichte des Hotels im Schloss Burgellern in der Fränkischen Schweiz. Grüne Hügel, sanfte Täler, eine liebliche Landschaft – und nicht weit entfernt die UNESCO-Welterbestadt Bamberg. Der Schlosspark ist im Stil eines englischen Landsitzes angelegt und angemessen wild, der Schwimmteich stammt aus den 1920er Jahren und ist heute von Sitzsäcken gesäumt – Tradition und Moderne. Joachim Kastner ist Hotelchef und Schlossherr in Personalunion – und zu beidem eher unverhofft gekommen. Seine Eltern waren es, die ein Hotel in Bamberg gepachtet hatten – er selbst ist gelernter Ingenieur und kümmerte sich um die IT von Hotels in aller Welt.
Bis der Vater 2005 das Schloss bei Scheßlitz kaufte, verwunschen und lange Jahre vernachlässigt. Doch die Vision war da, ein besonderes Hotel sollte entstehen, klein und fein. Und so kam es. 23 Zimmer. Vier Sterne. Ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn, denen der Schlosspark immer offensteht. Und da, wo einst die Bamberger Fürstbischöfe residierten und sogar der bayerische Märchenkönig als kleiner Junge zu Besuch gewesen ist, bestimmen heute italienische Stilmöbel das Bild.
Die Zimmer und Suiten sind auf das Schloss und das Vogteigebäude verteilt, in vielen Räumen liegt noch das historische Parkett. Zahlreiche Orte im Schlosspark und auf der großen Freiterasse laden zum Verweilen ein, im eleganten Schloss-Restaurant gibt es fränkische Küche in moderner Interpretation. Zu den Spezialitäten gehört der „Verrückte Salat“ mit gebratener Kalbsleber, gegrillten Scampis, Gorgonzola und sautierten Birnenspalten.
Auch das Frühstück sucht seinesgleichen, denn es gibt nicht nur Marmelade und Honig aus eigener Herstellung, sondern auch Zwetschgenbames. Der hat allerdings nichts mit süßen Brotaufstrichen zu tun, sondern ist ein mild geräucherter Rinderschinken. Und Schlossherr Kastner ist noch mit einem anderen Handwerk vertraut, dass in der Region Tradition hat: dem Bierbrauen. Dazu lädt er immer wieder Gäste ein, die das hauseigene Bier kreieren können.
Kloster Seeon
Dickere Mauern als die im Kloster Seeon muss man wohl lange suchen. Der Chiemsee ist nicht weit, doch vom Trubel am „bayerischen Meer“ ist hier nichts zu spüren. Im Gegenteil: In der Ruhe liegt die Kraft am Kirchseeoner See. Und spät nachts, wenn alles still ist am See, dann fangen die Wände an zu erzählen. Sie flüstern von alten Zeiten, als die Benediktiner hier lebten und lehrten. 994 wurde das Kloster gegründet, auf einer Insel im See. Ora et labora, Beten und Arbeiten.
Doch wie fast jedes alte Gemäuer hat auch das Kloster Seeon eine durchaus bewegte Vergangenheit. In einer feudalen Phase lebten die Herzöge von Leuchtenberg hier. Als die Säkularisierung 1803 in Bayern ankam, begann der Niedergang des Ensembles, in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war es Lazarett und Flüchtlingslager. Der Bezirk Oberbayern kaufte die Klosteranlage Ende der 1980er Jahre, renovierte sie und baute sie zum Seminar- und Tagungshotel aus, das noch heute der Schwerpunkt ist. Doch Gastgeber Gerald Schölzel, der das Klosterhotel seit 2015 leitet, baute das Angebot immer weiter aus und heißt auch Privatgäste gern und oft hinter den Klostermauern willkommen.
Erst jüngst wurden alle 90 Zimmer modernisiert – von den einstigen Mönchszellen ist nicht mehr viel übrig. Mit Vorraum und eigenem Bad haben die Zimmer um die 20 Quadratmeter, sind ausgelegt mit Eichenholzböden und haben schlichtes Mobiliar. Vier größere Zimmer und ein Tagungsraum unter altem Gewölbe liegen im angeschlossenen Kramerhaus. „Wichtig war, dass nichts von der wunderbaren Bausubstanz und dem modernen klösterlichen Gefühl ablenkt“, sagt der Hotelchef. Denn auf die Ruhe und Entspannung kommt es schließlich an. Ein Rundgang um die Klosteranlage, eine Runde um den Klostersee, eine kurze Pause am Steg – es gibt viele Orte auf dem Klostergelände, an denen die Gedanken schweifen können. Sportlich können sich die Gäste auf Fahrrädern und Stand-up-Paddleboards betätigen, die Golfplätze in Chieming und Obing sind Partnerbetriebe des Klosterhotels.
Und nach getaner Arbeit und Fitnessprogramm gibt es verschiedene Möglichkeiten, die regionalen Schmankerl wie den Chiemsee-Fisch zu probieren: auf der Seeterrasse etwa oder im Kastanienhof. Die Klostergaststätte liegt in einem imposanten Gewölbekeller und ist für jedermann geöffnet. Neu ist das Restaurant „Ex libris“ unter der Kassettendecke der ehemaligen Bibliothek.
Schlossparkhotel Mariakirchen
Aus dem Mittelalter stammt das Wasserschloss Mariakirchen – doch es hat sich viel getan in den vergangenen 500 Jahren. Auch hier hat die Zeit an den alten Mauern genagt, ehe sich ein Retter fand. Der hieß Hans Linder, Chef der weltweit tätigen Lindner Group aus dem benachbarten Arnstorf und Vater der heutigen Gastgeberin Johanna Lindner. Völlig marode war das Wasserschloss, das er vor dem kompletten Verfall bewahren wollte – zudem brauchte er Tagungs- und Seminarräume für seine Belegschaft. Zwei Fliegen, eine Klappe. Geschäftsreisende sind bis heute der Großteil der Gäste, doch immer mehr Privatgäste schätzen den Charme des Vier-Sterne-Hotels in Ostbayern.
2007 wurde das moderne Haupthaus gebaut, 2016 kam der historische „Hofwirt“ hinzu. Besonders sind vor allem die fünf Hotelzimmer im Wasserschloss selbst. Alte Dielen, hohe Decken, Kronleuchter und edel restauriertes Gemäuer lassen erahnen, wie es hier im Mittelalter ausgesehen hat. Tradition und Moderne spielen ganz selbstverständlich zusammen – denn auch im modernen Haupthaus hängen in jedem Zimmer alte Aufnahmen des Arnstorfer Fotografen Joseph Gollwitzer. Der hat in den Nachkriegsjahren das ganz normale dörfliche Leben dokumentiert, ein Leben, das heute verschwunden ist. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen passen perfekt in die modernen Zimmer, in denen sie herrlich zur Geltung kommen.
In den früheren Stallungen ist das „Schlossbräu“ untergebracht, dessen naturtrübe Biere in der Umgebung bestens bekannt sind – und im Biergarten unter alten Kastanien besonders gut schmecken, vor allem mit einer bayerischen Brotzeit, deren Zutaten aus überwiegend aus der hauseigenen Biolandwirtschaft „Land.Luft“ in Leberfing stammen. Bio-Produkte? Stehen im Wasserschloss selbstverständlich auf der Speisekarte.
Quelle & Bilder: uschi liebl pr GmbH, 20.12.2021