Tourismus in Deutschland ohne Barrieren
Die schönsten barrierefreien Garten-Erlebnisse für den Sommer
(hoga-presse) „Gott der Allmächtige pflanzte zuerst einen Garten, und in der Tat ist dies die reinste aller menschlichen Freuden“, stellte der Philosoph Francis Bacon schon im 17. Jahrhundert fest. Gärten und Parks, diese gepflegten und wohlgeordneten Miniaturlandschaften, trösten, beruhigen und inspirieren mit ihrer friedvollen Schönheit in jeder Epoche. Besonders Menschen mit Behinderungen, deren Alltag oft zusätzliche Herausforderungen bereithält, profitieren von Aufenthalten in diesen grünen Oasen. Die Arbeitsgemeinschaft „Leichter Reisen“, die sich in Deutschland für einen Tourismus ohne Barrieren stark macht, stellt einige der schönsten barrierefreien Gartenreiche vor.
Eiifel: ein Garten für die Seele
Zu den wohl außergewöhnlichsten Gärten gehört der Landschaftstherapeutische Park Römerkessel in Bad Bertrich in der Eifel. Er ist der erste seiner Art in Europa, ein Park, der seinen Besuchern helfen soll, ihre psychische Gesundheit zu stärken. Die Idee dazu hatte der Münchner Psychologe Reinhard Schober, der sich auf Landschaftstherapie spezialisiert hat.
In sieben Themengärten, darunter ein Kräutergarten, ein Lavagarten sowie ein Entspannungsgarten, erleben Besucher die heilende Kraft der Natur. Dabei wirkt jeder Garten anders: mal beruhigend, mal belebend, mal aufbauend, mal beglückend. Sinnsprüche auf Bänken liefern Denkanstöße. Der nach „Reisen für Alle“ zertifizierte Park ist leicht mit dem Rollstuhl befahrbar, Menschen mit Sehbehinderungen können Assistenzhunde mitbringen.
Ostfriesland: wo Düfte, Farben und Musik verzaubern
Ein Musterbeispiel für Barrierefreiheit findet sich weiter im Norden der Republik. Der nach „Reisen für Alle“ zertifizierte Park der Gärten in Bad Zwischenahn hat sich „das Erleben für 100 Prozent der Gäste“ zum Motto gemacht. Rollstuhlfahrer finden in Deutschlands größter Mustergartenanlage ebene Wege, Blinde Informationen in Brailleschrift, Gehörlose und Gehörgeschädigte Multi-Media-Guides. Auf Voranmeldung gibt es Sonderführungen für die verschiedenen Zielgruppen – auch in Gebärdensprache. Neben 90 Mustergärten berühren Duftorgel, Blindenbrunnen und Tanzglockenspiel die Sinne. Ein sommerlicher Höhepunkt ist die Veranstaltung „Illumination“, die den Park vom 12. August bis 13. September abends in zauberhaftes Licht hüllt.
Nur vier Kilometer entfernt lädt der Kurpark von Bad Zwischenahn am Zwischenahner Meer zum Spaziergang ein. Ab Mai verwandeln blühende Rhododendren die weitläufige Anlage in ein violett-weiß-rosafarbenes Blütenmeer. Das Besondere: Auf der Freilichtbühne sind im Sommer Kurkonzerte, Musikfestivals sowie Rock & Roll Shows zu erleben. Der Park ist für Rollstuhlfahrer gut zugänglich, auch hier sind Blindenhunde willkommen.
Ebenfalls in Ostfriesland befindet sich Deutschlands größter Rhododendronpark: der barrierefreie Rhododendronpark Hobbie in Westerstede. Bis Juni ist die farbgewaltige Blütenpracht der bis zu zehn Meter hohen und bis zu 90 Jahre alten Rhododendren zu sehen. Ein zweieinhalb Kilometer langer Rundweg ist leicht mit dem Rollstuhl befahrbar. Für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und Menschen mit Sehbehinderungen werden besondere Führungen angeboten.
Magdeburg: Gartenkunst trifft Freizeitvergnügen
Mehr als Gartenkunst bietet der für Rollstuhlfahrer gut zugängliche Elbauenpark in Magdeburg. Die einst zur Bundesgartenschau 1999 erschaffene Anlage in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt ist grüne Oase und Freizeitpark in Einem. Gartenliebhaber finden 15 Themengärten sowie Blumenschauen mit Dahlien, Löwenmäulchen, Ringelblumen und Petunien. Familien erkunden Damwildgehege, Schmetterlingshaus oder den Irrgarten. Mit dem Elbauenexpress, einer kleinen Parkbahn, die auch Rollstuhlfahrer mitnimmt, erhalten Besucher einen guten Überblick über die weitläufige Anlage.
Auf der Seebühne sorgen im Sommer bekannte Künstler wie Karat, Olaf Schubert oder TV-Koch Steffen Henssler für Unterhaltung. Und im Jahrtausendturm tauchen Gäste in 6 000 Jahre Menschheits- und Technikgeschichte ein. Jeden Freitag, zum Seniorentag, erhalten Besucher ab 65 Jahren eine kostenfreie Führung.
Ruppiner Seenland: Lustwandeln auf den Spuren von Kurfürstin und Kronprinz
Auch im Ruppiner Seenland im Osten des Landes sorgte eine Gartenschau für neue Impulse. Der Schlosspark Oranienburg, der bereits im 17. Jahrhundert im Auftrag von Kurfürstin Louise Henriette als Lustgarten entstand, wurde 2009 zur Landesgartenschau kreativ umgestaltet. Entstanden ist eine faszinierende Komposition aus barocker Landschaftskunst und modernen Themengärten. Im Sommer blühen hier Lavendel, Phlox, Hemerocallis, Rosen und Steppensalbei. Die ebenen Wege sind für Rollstuhlfahrer gut befahrbar. Zu den Veranstaltungshöhepunkten gehören das Picknick in Weiß am 5. Juli sowie die Schlossparknacht am 19. August.
Auf eine fast ebenso lange Geschichte blickt der Tempelgarten in Neuruppin zurück. Kronprinz Friedrich ließ ihn im 18. Jahrhundert als Nutzgarten für den Anbau von Spargel, Melonen, Weintrauben und Kirschen anlegen. Wenig später ergänzte der Kunstverehrer einen Apollo-Tempel, um hier mit Freunden zu philosophieren und zu musizieren. Bis heute ist der Tempelgarten ein Ort für Lesungen, Konzerte und barocke Feste. Der Garten bietet für Menschen mit Sehbehinderung ein Tastmodell aus Bronze zur besseren Orientierung am Eingang. Die Wege sind für Rollstuhlfahrer gut zu befahren.
Ein außergewöhnlicher Ort der Begegnung ist 2019 in Lindow entstanden. Der Garten des Buches auf dem Gelände eines Klosters ist der erste jüdisch-christlich-muslimische Lehr- und Schaugarten in Deutschland. Insgesamt gibt es rund 70 Pflanzenarten aus Tanach, Bibel und Koran, die in einem mit dem Rollstuhl befahrbaren Labyrinth angeordnet sind. So wachsen hier neben Apfel- und Mandelbäumen auch Zedern. Für Menschen mit Sehbehinderungen stehen Beschilderungen mit Pflanzenreliefs und Brailleschrift zur Verfügung.
Weitere barrierefreie Parks und Gärten präsentiert die Arbeitsgemeinschaft Leichter Reisen auf ihrer Webseite.
Quelle: Thiel Public Relations für Arbeitsgemeinschaft „Leichter Reisen – Barrierefreie Urlaubsziele in Deutschland“
Bild: GesundLand Vulkaneifel/ M. Rothbrust