Vom „Krankfeiern“ zur Straftat
Damit ein Arbeitnehmer im Krankheitsfall finanziell abgesichert ist, gibt es die Lohnfortzahlung. Diese wird vom Arbeitgeber sechs Wochen lang übernommen, bevor die Krankenkasse einspringt. Immer häufiger jedoch melden sich die Mitarbeiter länger krank, als sie es wirklich sind, und begehen damit vorsätzlich Lohnfortzahlungsbetrug.
Lohnfortzahlung ist Pflicht
Die Lohnfortzahlung ist gesetzlich geregelt. Für eine Dauer von maximal sechs Wochen bekommt der Arbeitnehmer im Krankheitsfall weiterhin sein volles Gehalt. Dafür muss er jedoch länger als vier Wochen bei seinem Arbeitgeber beschäftigt sein und es muss eine unverschuldete Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden.
Nach den sechs Wochen übernimmt in der Regel die Krankenkasse die Zahlung. Jedoch nur, wenn dieselbe Krankheit über einen Zeitraum von sechs Wochen andauert. Bei einer Aneinanderreihung unterschiedlicher Krankheiten kommt das Krankengeld nicht zum Tragen.
Es ist gut, dass die Krankenkasse im Falle einer länger andauernden Arbeitsunfähigkeit die Zahlungen übernimmt, jedoch gibt es hier finanzielle Einbuße. Die Versicherung zahlt 70 Prozent des Bruttoverdienstes, aber nur maximal 90 Prozent des Nettogehalts und das auch nur über einen Zeitraum von höchstens 72 Wochen.
Mehrere Krankheiten hintereinander
Erst eine Erkältung, dann Magen-Darm und danach ein verstauchter Knöchel – manche Menschen haben wirklich Pech und nehmen jede Krankheit und jeden Unfall mit. Überschneiden sich die verschiedenen Gründe für einen Krankenschein, müssen Arbeitgeber dennoch nur insgesamt für sechs Wochen die Lohnfortzahlung übernehmen und nicht für jede Krankheit einzeln.
Laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2019 sind Arbeitgeber nur bei einer erneuten Arbeitsunfähigkeit wegen einer neuen Erkrankung zur Zahlung verpflichtet, wenn der vorherige Krankenschein eindeutig beendet war, bevor der neue in Kraft tritt.
Lohnfortzahlungsbetrug: kein Kavaliersdelikt
Besonders in der Gastronomie stellen Krankmeldungen Arbeitgeber vor enorme personelle wie finanzielle Herausforderungen. Es gibt ohnehin einen Fachkräftemangel in der Hotel- und Gastronomiebranche, da fällt es besonders ins Gewicht, wenn Mitarbeiter krank werden.
Da es hier besonders strenge Hygiene-Regeln einzuhalten gilt, herrscht auch schon bei einer stärkeren Erkältung ein Arbeitsverbot. Dieses soll vermeiden, dass die Krankheitserreger auf die Lebensmittel in der Küche übergehen.
Betrügerische Arbeitnehmer ergreifen in dem Fall die Chance und lassen sich für länger als nötig krankschreiben, um die Lohnfortzahlung inAnspruch zu nehmen. Ist der Krankenschein beendet, wird für ein paar Tage gearbeitet, bevor die nächste Krankmeldung ins Haus flattert. Da es sich um einen neuen Krankheitsgrund handelt und der erste Krankenschein beendet war, beginnt die Dauer der Lohnfortzahlung von vorn. Der Schaden, der dem Unternehmen dadurch entsteht, nehmen diese Arbeitnehmer wissentlich und willentlich in Kauf.
Gründe für einen Lohnfortzahlungsbetrug
Oft ist es eine persönliche Motivation, die hinter dem Lohnfortzahlungsbetrug steckt. In der Gastronomie sind die Hauptarbeitszeiten oft die Abendstunden oder am Wochenende, wenn die Mehrheit der Arbeitnehmer frei hat. Einerseits wird die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht, um ebenfalls mehr Freizeit zu haben oder um Urlaubstage als Krankentage abrechnen lassen zu können und somit weiterhin genügend Urlaubstage zur Verfügung zu haben.
Andererseits gibt es auch Fälle, in denen die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht wurde, um während der eigentlichen Arbeitszeit bei einem anderen Arbeitgeber zu arbeiten – und das in vielen Fällen sogar schwarz, also ohne Sozialabgaben und die Zahlung von Steuern.
Konsequenzen für den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber ist gesetzlich zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Dass das finanzielle Auswirkungen auf den Betrieb hat, ist klar. Im Jahr 2020 hat der Krankenstand die Arbeitnehmer deutschlandweit 74 Milliarden Euro Entgeltfortzahlung gekostet. Laut einer Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft wird die Summe bis 2025 auf über 84 Milliarden Euro ansteigen.
Die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die Energie-Krise haben die Gastronomiebetriebe bereits schwer gebeutelt. Weitere finanzielle Einbuße durch gezielten Lohnfortzahlungsbetrug werden einige Betriebe nicht verkraften können und müssen sich möglicherweise verschulden oder schließen.
Welche Möglichkeiten hat der Arbeitgeber?
Im genannten Fall des Bundesarbeitsgerichts wurde entschieden, dass der Arbeitnehmer in der Pflicht steht, zu beweisen, dass die erste Krankheit beendet war, bevor die zweite anfing. Der Arbeitgeber kann es im Zweifelsfall anfechten, um die Lohnfortzahlung nur einmalig für sechs Wochen leisten zu müssen.
Allerdings liegt die Beweislast beim Arbeitgeber, wenn der Verdacht eines Lohnfortzahlungsbetrugs aufkommt. Das bloße Anzweifeln der Krankheit reicht nicht als Kündigungsgrund. Um an die nötigen Beweise zu kommen, kann der Arbeitgeber bereits frühzeitig eine Wirtschaftsdetektei einschalten. So verringert er das Risiko, dass Kollegen den betreffenden Arbeitnehmer warnen können.
Für das Rhein-Main-Gebiet sind die Mitarbeiter der Detektei in Frankfurt geschult darin, zu Unrecht krankgeschriebene Arbeitnehmer mittels einer mehrtägigen Observierung des Lohnfortzahlungsbetrugs zu überführen. Seit der Gründung im Jahr 1995 sind die Privat- und Wirtschaftsdetektive in den verschiedensten Bereichen im Einsatz.
Konsequenzen für betrügerische Arbeitnehmer
Fliegt der Lohnfortzahlungsbetrug auf, kann der Arbeitnehmer deswegen verurteilt werden. Es handelt sich nicht nur um ein Kavaliersdelikt, sondern um eine Straftat nach § 263 StGB. Zudem rechtfertigt der Lohnfortzahlungsbetrug auch eine fristlose Kündigung und eine Schadensersatzpflicht.
Fazit
Lohnfortzahlungsbetrug ist für Arbeitgeber ein ernstzunehmendes finanzielles Problem. Die Arbeitnehmer, die sich länger krankschreiben lassen als nötig, machen sich außerdem damit strafbar und riskieren eine fristlose Kündigung. Erkennt ein Arbeitgeber gewisse Anzeichen, die auf einen Lohnfortzahlungsbetrug hinweisen, empfiehlt es sich, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Ermitteln auf eigene Faust sollten die Arbeitgeber allerdings nicht.
Quelle: Redaktion
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