Ab Januar 2023 greift die Mehrwegpflicht für Gastronominnen und Gastronomen
(hoga-presse) Alle Anbieterinnen und Anbieter von Speisen und Getränken „to go“ sind ab Januar 2023 gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Am Markt befinden sich bereits verschiedene Unternehmen, die sogenannte Pool-Mehrwegsysteme für die Gastronomie und den Handel anbieten.
Starkt steigendes Abfall-Aufkommen in Deutschland
Das Abfallaufkommen in Deutschland ist immens. Laut Statistischem Bundesamt wurden bei den privaten Haushalten im Jahr 2020 pro Kopf 78 Kilogramm Verpackungsmüll eingesammelt und damit nochmal sechs Kilogramm je Kopf mehr als im Jahr zuvor. Den größten Anteil stellten dabei sogenannte Leichtverpackungen aus Kunststoffen, Aluminium oder Weißblech sowie Verbundmaterialien.
Auch Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen tragen zur steigenden Abfallmenge bei. Allein im Bereich To-Go beziehungsweise Take-away entstehen nach Angaben des Bundesumweltministeriums 770 Tonnen Müll pro Tag, was aufs Jahr hochgerechnet rund 280.000 Tonnen sind. Auf diese Weise werden nicht nur Umwelt und Klima belastet, der Müll auf Straßen und Plätzen führt auch zu hohen Reinigungskosten.
Dabei geht es anders: Seit einigen Jahren bieten immer mehr Unternehmen Pool-Mehrwegsysteme für die Gastronomie oder den Handel an. Nicht nur Becher für den „Coffee to-go“, auch Schalen und Boxen für Pizza, Burger, Sushi und Co. werden in unterschiedlichen Größen und Materialien für die Wiedernutzung angeboten.
Mehrwegpflicht: ab wann?
Was momentan noch auf freiwilliger Basis läuft, wird ab 2023 für Caterer, Lieferdienste und Restaurants gesetzlich verpflichtend. Dann müssen die sogenannten „Letztvertreibenden“ Mehrwegbehälter als Alternative zu Einwegverpackungen für Essen und Getränke zum Mitnehmen anbieten.
Ab 2023 Produkte sowohl in Einweg- als auch in Mehrwegverpackungen
Inhaberinnen und Inhaber von Gastronomiebetrieben, Kantinen, Tankstellen oder Cateringbetriebe, die Essen und/oder Getränke zum Mitnehmen verkaufen, sind ab dem 1. Januar 2023 dazu verpflichtet, ihre Produkte sowohl in Einweg- als auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Dabei darf die Mehrwegvariante nicht teurer als die Einwegverpackung sein.
Gelten Ausnahmen von der Pflicht zur Verwendung von Mehrwegverpackungen?
Von der Verpflichtung ausgenommen sind kleinere Betriebe, die fünf oder weniger Beschäftigte haben und deren Ladenfläche nicht mehr als 80 Quadratmeter beträgt. Kleinere Betriebe müssen allerdings der Kundschaft ermöglichen, selbst mitgebrachte Mehrwegbehälter vor Ort befüllen zu lassen.
Bio-Branche als Beispiel für Mehrwegkonzepte
Die Bio-Branche setzt schon länger erfolgreich auf das Mehrwegkonzept. So bieten beispielsweise ausgewählte Alnatura-Supermärkte mit Café-Bar seit 2019 Heißgetränke zum Mitnehmen in Bechern von ReCUP an. Zudem arbeiten Filialen der Bio Company seit 2020 nicht nur mit ReCUP zusammen, sondern seit 2022 auch mit PFABO, dem Mehrwegboxensystem für den Bereich Take-away. So ist die Bio-Branche – sei es der kleine, inhabergeführte Bio-Laden oder die großen Bio-Supermärkte – sicherlich ein Vorreiter in Sachen Müllvermeidung durch Mehrwegnutzung.
Wie funktionieren die Pool-Mehrwegsysteme?
Beim Poolsystem stellt ein Dienstleistungsunternehmen oder eine Organisation die Mehrwegverpackung zur Verfügung. Möchte sich beispielsweise ein Restaurant an diesem System beteiligen, ist entweder ein Entgelt für die Nutzung der bereitgestellten Gefäße oder eine monatliche Nutzungsgebühr, eventuell auch ein einmaliger Mitgliedsbeitrag, zu zahlen. Als Gewähr für die Rückgabe der Gefäße bezahlt die Kundin beziehungsweise der Kunde entweder einen Pfand, der bei der Rückgabe in teilnehmenden Betrieben erstattet wird.
Die andere Möglichkeit besteht darin, dass die Daten der Kundschaft mit dem QR-Code des Gefäßes per App elektronisch verknüpft werden. So kann das Gefäß nicht nur eindeutig zugeordnet werden, es können auch Erinnerungen an die Rückgabe des Gefäßes versendet werden. Wird das Gefäß nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums zurückgegeben, trägt die Kundschaft selbst die Kosten für den Behälter.
Ansonsten ist das Prinzip einfach. Das Essen oder Getränk wird im Restaurant bzw. Café in einen Mehrwegbehälter gefüllt, der nach dem Genuss der Speisen oder Getränke wieder bei einem am jeweiligen System teilnehmenden Betrieb abgegeben werden kann. Dort wird der Behälter nach einer Sichtprüfung entweder ausrangiert und recycelt oder in der Spülmaschine gereinigt, bevor die Nutzung von Neuem beginnen kann.
Gefäße der Poolsysteme auf Bedürfnisse der Gastronomie ausgelegt
Die Gefäße der Poolsysteme sind extra für die Nutzung in der Gastronomie und damit auch für den Transport heißer Speisen und Getränke geeignet. Die auf dem Markt verfügbaren Modelle sind robust, lebensmittelecht, Bisphenol A-frei, geschmacksneutral, stapelbar und leicht in industriellen Spülmaschinen zu reinigen. Auch die Lebensdauer der Gefäße ist lang. So kann ein Mehrwegbecher bis zu 1.000-mal benutzt werden, eine Mehrwegschale zwischen 200- und 500-mal. Tendenz steigend.
Einige Poolsysteme sind zudem mit dem Blauen Engel für Mehrwegpfandsysteme ausgezeichnet. Um ausgezeichnet zu werden, müssen Anbieter der Poolsysteme eine Reihe von Kriterien hinsichtlich der eingesetzten Materialen des Behälters, der Logistik sowie des Recyclings am Ende der Nutzungsdauer einhalten.
Wer bietet Pool-Mehrwegsysteme an?
Die Zahl der Anbieterinnen und Anbieter von Pool-Mehrwegsystemen für Gastronomie und Handel steigt stetig. Zum Teil erfolgt die Ausleihe deutschlandweit, zum Teil lokal begrenzt. Zu den bekanntesten Firmen gehören – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – u. a. nachfolgende Unternehmen:
1. PFABO (für PFAndBOx)
Das Unternehmen bietet seit 2020 ein Mehrwegsystem für die Frischetheke an, welches speziell auf die Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels zugeschnitten ist. Deutschlandweit sind aktuell 15.000 Pfabo-Boxen im Umlauf.
2. ReCIRCLE
ReCIRCLE startete 2019 mit einem Mehrwegsystem für Essensboxen im Stuttgarter Raum und ist dort nach wie vor stark präsent. Aktuell gibt es 480 Partnerinnen und Partner in Deutschland.
3. Recup/Rebowl
Die reCUP GmbH wurde 2016 gegründet und brachte zunächst ein Mehrwegsystem für Becher (RECUP) in Umlauf, bevor 2019 ein Mehrwegsystem für Boxen (REBOWL) folgte. Mit über 12.900 Aus- und Rückgabestellen ist RECUP und REBOWL derzeit das deutschlandweit größte Mehrwegsystem für Getränke und Essen zum Mitnehmen. Jeder RECUP kann bis zu 1.000 Einwegbecher und jede REBOWL bis zu 500 Einwegschalen ersetzen.
4. Relovo
Seit 2020 bietet Relevo ein Mehrwegsystem für Boxen an. In ganz Deutschland gibt es zwischenzeitlich 1.500 Partner-Standorte in über 150 Städten. Die hochwertigen Mehrwegsets sind BPA-frei und bis zu 1.000-Mal wiederverwendbar.
5. Tiffin Loop
Tiffin Loop startete 2020 zunächst mit einem Pilotprojekt in Berlin, Hamburg, Köln und Stralsund. Die Idee hinter dem Projekt stammt vom Berliner Unternehmen ECO Brotbox GmbH. Die Tiffins aus Edelstahl sind robust, hochwertig umd komplett plastikfrei. So halten sie locker dem rauen Gastronomie-Alltag wie auch dem Picknick im Park stand. Neben der Allrounder-Box aus Edelstahl, passend für Salate, Currys, Pasta oder Bowls, gibt es auch den Tiffin Cup für Kaffee oder Cocktails zum Mitnehmen.
6. Vytal
Vytal, auch bekannt aus der Fernsehsendung Höhle der Löwen, startete 2019 mit einem deutschlandweiten Mehrwegsystem für Essensboxen und Becher. Inzwischen hat das Unternehmen über 1.700 Partnerinnen und Partner in Deutschland, Österreich und Frankreich. Vytal bietet Mehrwegschalen in drei Größen. Mit der unterteilten Menüschale lassen sich Hauptgericht und Beilagen auch bei To-Go komfortabel einzeln verpacken. Besonders innovativ sind die neuen Mehrweg Sushiverpackungen, Burger Boxen und die Pizza-Mehrwegverpackung (PIZZycle).
Quelle und Idee: Ökolandbau.de
Bild: pixabay
Auf Nachfrage nehmen wir gerne weitere Mehrweganbieter in die Aufstellung und den Beitrag auf.
Das Beispiel Café Schmatz Siegen zeigt, wie einfach es ist, auf Nachhaltigkeit in der Gastronomie zu setzen.