(hoga-presse) Politiker redeten Klartext. Auf Einladung von GM Harald Hock, dem Hausherrn im Courtyard by Marriott-Hotel in Wiesbaden, nahmen sie vor Pressevertretern und Hoteliers Stellung zu ihrer Haltung in Sachen „Mehrwertsteuergeschenk“ für die Hotellerie. Moderatorin Heike Schmitt von hds aus Wiesbaden war klug beraten, vorsorglich ein Molière-Zitat an den Beginn der Veranstaltung zu stellen: „Man möge die Dinge beim Namen nennen und sagen, was man denkt!“ Ein durchaus empfehlenswerter Prolog zu einer Podiumsrunde, in der hauptsächlich Politiker zu Wort kamen. Er hat gewirkt.

Es wurde Klartext geredet. Wirtschaftsminister Florian Rentsch (FDP) betonte in seiner Eröffnungsansprache, dass das als Anschub für Investitionen gedachte Instrument der Mehrwertsteuersenkung ein nachhaltiger Erfolg war, dass die Hotellerie die neuen finanziellen Spielräume genutzt und nachweisbar kräftig investiert hat. Er kritisierte die populistisch geführte Diskussion der Gegner, die ausnahmslos alle, die Linke eingeschlossen, diese Mehrwertsteuersenkung noch vor Jahren im Wahlprogramm hatten. Alle waren davon überzeugt, dass die Wettbewerbsnachteile der deutschen Hotellerie gegenüber 24 von 28 EU-Staaten (!) beseitigt werden müssten. Der Sinneswandel konnte nie schlüssig erklärt werden und schließlich hat nur die FDP „Wort gehalten“.

Man kann es Klientelpolitik nennen, aber dann muss man wohl auch eine Fülle anderer Themenfelder unter diesen Generalverdacht stellen! Rentsch betonte, dass es sich bei der deutschen Hotellerie zu fast 85% um mittelständische Betriebe handele mit weniger als 50 Zimmern. Diese erstklassige touristische Dienstleistung in der Fläche am touristischen Wachstumsstandort Deutschland galt es zu stärken, Renovierungsstaus aufzulösen und etliche Hoteliers, die insbesondere nach dem Krisenjahr 2009 und über einer Milliarde Verlust mit dem Rücken an der Wand standen, zu ermächtigen endlich wieder Investitionen in die Zukunft tätigen zu können. Fritz G. Dreesen, Vorstand International Hotel Association, sprach in diesem Zusammenhang von Milliardeninvestitionen in Hardware und Personal, die die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland in der Breite gestärkt hätten und verlangte von der Politik endlich Planungssicherheit. Schließlich stünden langfristige Kredite zu Buche, denen bei einer Rücknahme der 12 Prozent in der Mehrzahl die Finanzierungsgrundlage entzogen würde. In Einzelfällen sicherlich desaströs.

Bei den Grünen weiß jeder, wo er dran ist!
Von entwaffnender Ehrlichkeit die Replik des haushaltspolitischen Sprechers der Grünen im hessischen Landtag: „Wenn Sie das Mehrwertsteuer-Geschenk behalten wollen, dann dürfen Sie die Grünen nicht wählen!“ Na bitte, da weiß doch jetzt wenigstens jeder, wo er dran ist. Ähnlich kompromisslos zeigte sich MdL Gernot Grumbach von der SPD: “Steuergeschenke sind der falsche Weg, weil sie unkontrollierbare Mitnahme-Effekte auslösen. Eine wesentlich bessere Steuerungswirkung erzielt man durch gezielte Subventionen. Ein Gutschein ist besser als zehn Euro!“ Das löste naturgemäß bei den anwesenden CDU- und FDP-Vertretern den Vorwurf aus, dass damit nur wieder mehr Bürokratie aufgebaut werde und unnötige Hürden errichtet würden. Es geht eben immer um die Frage: Mehr Staat, oder mehr bürgerliche Freiheit?

Das ließ Grumbach ziemlich unbeeindruckt: „Es gibt eine Fülle von dummen Mechanismen in Wirtschaft und Gesellschaft, wo man endlich mal ran muss!“ Und überhaupt – und in diesem Punkt gibt es durchaus Konsens über die Parteigrenzen hinweg: An das Durcheinander mit den unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen müsse man endlich mal ran! Fazit: Bei Rot-Grün wird es eng für die Hoteliers. CDU und vor allem die FDP stehen wohl in Treue fest zur Maßnahme. Und haben gute, nachvollziehbare Gründe dafür, zumindest kurzfristig den deutschen Hoteliers nicht wieder unnötig das Leben schwer zu machen und die Planungssicherheit auszuhöhlen. Kompliment an Harald Hock, der diese hochkarätige Runde an einem gewöhnlichen Werktag um die Mittagszeit zusammen brachte und ein guter Gastgeber war. Schade nur, dass seine zahlreichen Kollegen im Plenum offenbar Sprachstörungen hatten und die einmalige Gelegenheit nicht nutzten, die anwesenden Politiker von Grünen und SPD einmal ordentlich ins Kreuzfeuer zu nehmen. Das mussten die mit auf dem Podium sitzenden Peter Bierwirth (Bierwirth & Kluth Hotelmanagement GmbH) und Gerald Kink (DEHOGA Hessen) dann stellvertretend übernehmen. Und der Autor dieser Zeilen – nachträglich mit einem deutlichen Kommentar:

Der populistisch sanktionierte, schnelle Griff in die Tasche der Bürger

Die Politik ist weitgehend konzeptionslos und hat regelrecht Handlungsparesen, wenn es um die großen Themenfelder geht. Da greift man beim Dauerrückzug vor der dynamischeren Realität schon einmal gerne links und rechts zu und zwar dort, wo am wenigsten Widerstand zu erwarten ist. Denn die öffentlich geschickt als „Mövenpick-Steuer“ diffamierte Strukturhilfe für die deutsche Hotellerie hat wenig Freunde. Daher kann man bequem abschöpfen, Vertrauensschutz aushöhlen, ohne unliebsamen politischen Widerstand befürchten zu müssen.

Etwa 500 Millionen Euro könnte man jedes Jahr mitnehmen und dann einfach vor dem angerichteten Schaden auf der anderen Seite tapfer die Augen verschließen. Die Argumentation von Grünen und SPD folgt altbekannten rabulistischen Mustern. Denn die Sache mit der Abschaffung von Mehrwertsteuerprivilegien ist durchaus konsensfähig. Am besten, man hätte gleich komplett „reinen Tisch“ gemacht. Isoliert betrachtet ist auch das Abschaffen „dummer Mechanismen“ wünschenswert.

Aber: Dumme Mechanismen gibt es unendlich viele und politisch heiße Eisen, die angefasst werden müssen, erst recht: Renten- und Pflegedesaster, Gesundheitsversorgung, Beamtenpensionen, Justizverkrustungen, Verkehrsinfarkt und und und. Schauen wir uns einmal das Thema „Beamtenpensionen“ an: Bis zum Jahr 2050 fallen dafür Kosten in Höhe von insgesamt 1,4 Billionen Euro an. Das entspricht 70% der aktuellen Staatsverschuldung und doppelt so viel, wie der Staat pro Jahr an Steuern einnimmt!! Nicht nur dort bohrt man an meterdicken Brettern. Mit viel zu kleinen Bohrern. Immerhin: Man hat endlich angefangen, überhaupt zu bohren. Beamtete Wähler gibt es nämlich viele, Hoteliers vergleichsweise wenige und so lässt sich dort eher schnell mal zugreifen. Richtig wäre es nun, für den Zeitraum einer weiteren Legislaturperiode das Thema aktiv ruhen zu lassen, die Zeit für eine europaweite Harmonisierung (nicht Vereinheitlichung!) zu nutzen und das Thema Mehrwertsteuer ganzheitlich einer Reform zu unterziehen für die Zeit ab 2018. Die Hoteliers könnten sich über weitere fünf Jahre auf die neue Situation hin justieren und ihre Kredite abtragen. Das setzte allerdings eine parteiübergreifend akkordierte Vernunftlösung voraus. Davon kann man angesichts der Mechanismen in diesem Lande aber leider nur träumen und deshalb müssen die Hoteliers weiter zittern. Oder die Übernachtungsgäste, die dann wohl locker 15% und mehr drauf zahlen dürften. Ob Sie´s tun, insbesondere ausländische MICE-Planer, darf zumindest bezweifelt werden. Ach ja, und dann die Bettensteuer.

Hoteliers als Inkassobüros für Kommunen
Wie sagte der nette Herr Kaufmann von den Grünen im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuerreduzierung: „Der Staat braucht das Geld. Nicht wir rufen danach im Eigeninteresse, es ist der Bürger, der Leistungen abfordert. Die Kommunen brauchen Geld für Kindergartenplätze, Straßenbau….“ Ja, Herr Kaufmann: Das klingt plausibel. Geradezu „herzig“. Klar, Straßen will jeder, Kindergartenplätze auch. Und doch ist genau dieses Argument ein rabulistischer Kunstgriff. Denn die Kommunen ächzen unter ganz anderen Lasten. Unter Lasten, die nicht „der Bürger an sich“ zu verantworten hat, sondern die eine Folge langjähriger politischer Fehlsteuerung und Unterlassung sind. Ganz sicher geht die Bettensteuer nicht in Straßenbau und Kindergärten, sondern in das Stopfen von Löchern im immer höheren Sozialetat. Böswillig vereinfacht formuliert: Armutsflüchtlinge aller Länder vereinigt Euch unter dem zärtlichen Rettungsschirm blauäugiger politischer Träumer!

Der Bürger wird´s schon zahlen und die Politiker erzählen ihm dann, es gehe um Kindergärten, Schwimmbäder, Grünflächen. Auch hinter dieser Mogelpackung verbirgt sich Klientel-Politik. Eine andere, die möglicherweise wirklich mehrheitlich akkordiert ist. Dann der Etikettenschwindel: Kulturabgabe wird die Bettensteuer mancherorts genannt, damit der Bürger glaubt, das frische Geld ginge in die Kulturförderung. Pustekuchen, es geht in den städtischen Eintopf, der vom Bund so wunderbar wirkungsvoll versalzen wurde. Mit welchem “Recht“ werden Hoteliers nun zu Inkassobütteln der Kommunen gemacht, müssen sich Geschäftsreisende einem sehr umständlichen Procedere unterwerfen? Vielleicht aus „Rache“? Aus Rache am sogenannten Mehrwertsteuergeschenk? Und nun kommt der bizarre Schluss: Glaube niemand, die einmal eingeführte Bettensteuer würde zurück genommen, wenn auch das „Mehrwertsteuergeschenk“ annulliert werden sollte. Denn merke: Auch die Bismarcksche Sektsteuer zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsmarine gibt es heute noch. Die Flotte ist indes längst auf dem Meeresgrund verrostet. Ach ja: Sie können übrigens gerade wählen gehen!

Quelle: Pressemitteilung intergerma.